Gott sagt: „Meine Geschichte mit euch geht weiter!"

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Gott sagt: „Meine Geschichte mit euch geht weiter!"

Predigt
Liebe Gemeinde,
am Himmel – es regt sich kein Lüftchen. Nichts Besonderes ist zu erwarten. In den Straßen wimmelte es von Menschen. Doch das war ja ganz normal zu Pfingsten in Jerusalem. Jedes Jahr spülte dieses jüdische Wallfahrtsfest eine bunte Völkerschar aus aller Herren Länder in die Stadt.
An das Sprachengewirr hatten man sich schon gewöhnt. Es brachte ja auch etwas für den Geldbeutel.
Und man kam zusammen, um den Bund Gottes mit seinen Menschen zu feiern. Man erinnerte sich dankbar an die zehn Gebote, an Gottes große Orientierungs- und Lebenshilfe. Man traf alte Freunde. Es kam nostalgische Stimmung auf, das Festritual war wie immer. Alles schien so zu werden wie im letzten Jahr. Fast so wie wir es aus dem Theaterstück „Dinner for one“ kennen: „„The same procedure as every year.”
Irgendwo hinter verschlossenen Türen waren dann die Freunde Jesu mit der bangen Frage, wie es denn nun bei ihnen weitergehen soll, nachdem Jesus sie nun endgültig verlassen hatte. Da war von irgendwelcher Aufbruchsstimmung keine Spur. Und mit einer großen Überraschung Gottes an diesem Pfingsttag hatte da wirklich keiner gerechnet.
Doch es kam alles anders. Was war passiert? Lesen wir es noch einmal nach der Neuen Genfer Übersetzung:
Textlesung: Apg 2,1-18
1 Schließlich kam das Pfingstfest. Auch an diesem Tag waren sie alle wieder am selben Ort versammelt.
2 Plötzlich setzte vom Himmel her ein Rauschen ein wie von einem gewaltigen Sturm; das ganze Haus, in dem sie sich befanden, war von diesem Brausen erfüllt.
3 Gleichzeitig sahen sie so etwas wie Flammenzungen, die sich verteilten und sich auf jeden Einzelnen von ihnen niederließen.
4 Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt, und sie begannen, in fremden Sprachen zu reden; jeder sprach so, wie der Geist es ihm eingab.
5 ´Wegen des Pfingstfestes` hielten sich damals fromme Juden aus aller Welt in Jerusalem auf.
6 Als nun jenes mächtige Brausen vom Himmel einsetzte6, strömten sie in Scharen zusammen. Sie waren zutiefst verwirrt, denn jeder hörte die Apostel und die, die bei ihnen waren, in seiner eigenen Sprache reden.
7 Fassungslos riefen sie: »Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden?
8 Wie kommt es dann, dass jeder von uns sie in seiner Muttersprache reden hört?
9 Wir sind Parther, Meder und Elamiter; wir kommen aus Mesopotamien und aus Judäa, aus Kappadozien, aus Pontus und aus der Provinz Asien,
10 aus Phrygien und Pamphylien, aus Ägypten und aus der Gegend von Zyrene in Libyen. Sogar aus Rom sind Besucher hier,
11 sowohl solche, die von Geburt Juden sind, als auch Nichtjuden, die den jüdischen Glauben angenommen haben. Auch Kreter und Araber befinden sich unter uns. Und wir alle hören sie in unseren eigenen Sprachen von den wunderbaren Dingen reden, die Gott getan hat!«
12 Alle waren außer sich vor Staunen. »Was hat das zu bedeuten?«, fragte einer den anderen, aber keiner hatte eine Erklärung dafür.
13 Es gab allerdings auch einige, die sich darüber lustig machten. »Die haben zu viel süßen Wein getrunken!«, spotteten sie.
Die Rede des Apostels Petrus vor Juden aus aller Welt: Erklärung des Geschehenen …
14 Jetzt trat Petrus zusammen mit den elf anderen Aposteln vor die Menge. Mit lauter Stimme erklärte er: »Ihr Leute von Judäa und ihr alle, die ihr zur Zeit hier in Jerusalem seid! Ich habe euch etwas zu sagen, was ihr unbedingt wissen müsst. Hört mir zu!
15 Diese Leute hier sind nicht betrunken, wie ihr vermutet. Es ist ja erst neun Uhr morgens.
16 Nein, was hier geschieht, ist nichts anderes als die Erfüllung dessen, was Gott durch den Propheten Joel angekündigt hat.
17 Am Ende der Zeit, so sagt Gott, werde ich meinen Geist über alle Menschen ausgießen. Dann werden eure Söhne und eure Töchter prophetisch reden; die Jüngeren unter euch werden Visionen haben und die Älteren prophetische Träume.
18 Sogar über die Diener und Dienerinnen, die an mich glauben, werde ich in jener Zeit meinen Geist ausgießen, und auch sie werden prophetisch reden.
Liebe Gemeinde,
die Welt stand nun in Jerusalem auf einmal Kopf. Da wird uns deutlich: wer Pfingsten feiert, der ist vor Überraschungen nie sicher. Denn Gottes Geist ist immer für eine oder mehrere Überraschungen gut. Er lässt nicht alles beim Alten. Er bringt Menschen in Bewegung.
Mitten hinein in das Fest der Erinnerung lässt Gott zu aller Erstaunen seine Verheißung wahr werden: „Ich will ausgießen von meinem Geist auf alle Menschen“.
Da geht plötzlich eine Tür nach vorn auf.
Da zeigt Gott unmissverständlich: „Meine Geschichte mit euch geht weiter. Ich habe noch viel vor mit euch Menschen.“
Und plötzlich ist sie auf einmal da, die Aufbruchsstimmung, mit der niemand gerechnet hatte.
Da geraten die Menschen ja regelrecht aus dem Häuschen, als Gottes Geist in ihnen Wohnung nimmt. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes Feuer und Flamme. Wie von einem Wirbelsturm erfasst. Wie betrunken von einem Sog, der sie nach vorn zieht.
Da ist es auch kein Wunder, dass die Spötter damals die Turbulenzen in Jerusalem auf den übermäßigen Weingenuss zurückgeführt haben.
Pfingsten in Jerusalem - das gleicht ja wirklich eher einem Fußballstadion nach einem Tor als einem Sonntagsgottesdienst bei uns.
Da muss ich mich fragen, wie hätten wir denn reagiert, wären wir damals dabei gewesen?
So schnell sind wir doch auch nicht aus der Fassung zu bringen - zumindest nicht, wenn es um das Thema Kirche und Glaube geht.
Unsere ganze Kirche kocht ja zur Zeit eher auf Sparflamme, als sich vom Evangelium neu entflammen zu lassen.
Doch wer wirklich Pfingsten feiert, der ist vor Überraschungen nicht sicher.
Drei Überraschungen möchte ich uns vor Augen führen.
1. „Und sie wurden alle erfüllt vom Heiligen Geist“.
Erfüllt, das heißt als nicht nur gestreift oder leicht getoucht, nicht nur berührt – nein, sondern vollgefüllt mit Gottes Kraft!
Da sehe ich als Bild einen großen leeren Krug vor mir, in den plötzlich etwas hineinfließt. Leere Krüge - das waren sie, die Freunde Jesu vor Pfingsten. Hohl und kraftlos.
Wie fühlen wir uns? Innerlich leer und kraftlos, ohne Glaubensmut, Gewissheit und Hoffnung. In defensiver Wartestellung, ob es noch weitergeht mit unserer Kirche, ob Gott noch etwas vor hat mit uns, auch hier im Altenburger Land, hier in Falkenhain?
Oder doch anders erfüllt durch Gottes Heiligen Geist?
Die Pfingstgeschichte überrascht uns mit der Zusage Gottes: „Ich komme neu auf euch zu. Ich will eure innere Leere mit der Kraft meines Geistes ausfüllen“.
Gott sehnt sich danach, in unser Lebenshaus einzuziehen. Wie ein guter Freund und Lebensbegleiter, mit dem wir unsere Wohnung teilen.
Wir Menschen sind die Wahlheimat Gottes. Unser Herz ist sein Tempel. Jesus Christus will in uns zu Hause sein. In unseren Gedanken will er Raum finden.
Heiliger Geist – das heißt: Der große Gott macht sich klein, so klein, dass er in der Enge unserer Menschenherzen Platz hat.
Wenn wir Schmerz, Leid und Trauer erfahren, möchte Gottes Geist uns trösten. Wenn wir zweifeln, will er in uns neue Gewissheit wecken.
Wenn uns die Worte zum Beten fehlen, will er uns mit unaussprechlichem Seufzen vertreten. Wenn wir ausgebrannt sind, wenn wir Burnout erleiden, dann will er uns wieder mit Lebensfreude und Hoffnung neu entzünden.
Pfingsten ist die überraschende Einladung Gottes an uns alle: Öffnet eure leeren Herzen, damit ich sie mit meiner Kraft füllen kann.
2. Und hier die zweite Überraschung der Pfingstgeschichte:
Gottes Geist öffnet den Mund von Menschen.
Bisher hatten sich die Freunde Jesu nur hinter verschlossenen Türen getroffen. Sie waren unter sich geblieben, wollten nicht auffallen, mieden die Öffentlichkeit.
Doch nun zu Pfingsten mischen sie sich unter das Volk. Nicht als schweigende Minderheit. Nein, sie brachen ihr Schweigen um Gott. Ihre Zunge löst sich. Sie konnten nicht anders, als von Jesus zu reden.
Da fangen auf einmal theologisch ungebildete Leute an „zu predigen, wie der Geist es ihnen eingibt“.
Zu Pfingsten geschieht, was Jesus seinen Freunden versprochen hat: „Ihr werdet meine Zeugen sein“.
Man muss sich das einmal vorstellen:
Petrus, der Angsthase und Verleugner, hält jetzt in aller Öffentlichkeit eine unvorbereitete Pfingstpredigt! Ja es war eine Stegreifpredigt. Er hat keine Stunden, Tage geschweige denn Wochen vorher darüber gebrütet.
Und das wird von der Predigt gesagt: Sie geht den Zuhörern durchs Herz.
Die ganze zusammengewürfelte Menge in Jerusalem hört die Christen „von den großen Taten Gottes reden“. Und sie horcht auf!
Wenn sonst irgendwo eine riesige Menge zusammenläuft, dann wird meist von anderen großen Taten geredet.
Pfingsten ist die Befreiung vom leeren Geschwätz. Denn Gottes Geist lehrt uns die Sprache des Lobpreises. Wo die großen Taten Gottes gerühmt werden, gewinnt die Welt ihren Glanz und ihre Schönheit zurück.
Gottes Geist macht uns den Mund auf, dass wir von unserem Glauben reden, von dem, was uns im Scheitern trägt und was uns Hoffnung gibt.
Wer von Gottes Geist ergriffen wird, der wird mündig, nimmt das Evangelium in den Mund in aller Öffentlichkeit. Wir brauchen in unserer Kirche Menschen, die sich von Gottes Geist anstecken lassen, brauchen pfingstliche, geistesgegenwärtige Menschen, die in allem Geschwätz unserer Tage von Gottes großen Taten reden. Und auch von den kleinen: Von den kleinen Wundern des Alltags, von einer Bewahrung in Not, von Gottes Trost im Leid, von der Erhörung eines Gebets, von der Überwindung der Angst.
Viele Christen denken: Über meinen Glauben reden - das kann ich nicht. Mir fehlen die Worte. Und der Mut auch. Aber Gottes Geist kann uns Mut und Worte geben, kann unsere Zunge lösen wie am ersten Pfingsttag, wenn wir damit rechnen, dass er ins uns und durch uns wirkt.
3. Und noch eine dritte Überraschung hält die Pfingstgeschichte für uns bereit: Gott schafft durch seinen Geist Verständigung zwischen Menschen, die sich sonst nicht verstehen könnten.
Ein riesiges Völkergemisch ist am ersten Pfingsttag in Jerusalem beieinander. Ein riesen Sprachengewirr. Und die Freunde Jesu sprechen nur Aramäisch.
Doch in der Pfingstgeschichte heißt es: „Die Menge kam zusammen und wurde bestürzt: denn jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.“
Das ist zum Staunen! Gottes Wort überschreitet Sprachgrenzen. Überwindet Sprachbarrieren.
Gottes Geist wird zur Verständigungsbrücke zwischen Menschen, die einander fremd sind, weil sie aus unterschiedlichen Sprachwelten kommen, weil sie aus anderen Kulturen, aus anderen Milieus kommen.
Plötzlich gelingt die Kommunikation. Aus leidvoller Erfahrung wissen wir: Dass Menschen sich verstehen, das versteht sich nicht von selbst.
„Ihr versteht mich ja doch nicht!“ Wie oft sagen das Kinder über ihre Eltern, Eltern über ihre Kinder, Frauen über Männer und umgekehrt, Junge über Alte.
Die moderne Kommunikationstechnik hat zwar aus der großen, weiten Welt ein kleines Dorf gemacht.
Ja man kann heute sogar Texte einigermaßen verständlich mit dem Computer aus einer anderen Sprache ins Deutsche übersetzen. Ich nutze dazu oft Google.
Aber sind wir Menschen uns deshalb nähergekommen?
Verstehen wir einander besser als vorher? Sprechen wir noch eine gemeinsame Sprache: Kirchliche und Kirchenferne, Reiche und Arme, Arbeitende und Arbeitslose?
Pfingsten heißt: Gottes Geist baut Brücken, die sonst zwischen uns Menschen abreißen. Er überwindet die Distanz, die uns nicht zusammenfinden lässt.
Darum brauchen wir diesen Geist so dringend, wenn wir als Menschheit überleben wollen.
Aber das Gute ist, dass die Gemeinschaft, die dieser Geist wirkt, kein Einheitsbrei ist. Gottes Geist ist kein Gleichmacher. Er hebt die unterschiedlichen Sprachen, Milieus und Mundarten nicht auf: „Jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden“.
Pfingsten ist der Beginn der weltweiten Kirche. Sie umspannt den ganzen Globus und ist durch eine bunte Vielfalt gekennzeichnet. Weltweit und auch Vorort.
Christus, das Licht der Welt, bricht sich wie in einem Prisma in den unterschiedlichen kulturellen und sprachlichen Ausdrucksformen des Glaubens – und kommt erst so ganz zum Leuchten.
Der Heilige Geist will keine Uniformität. Er schafft eine pfingstliche Sprachenvielfalt - auch in unseren Gemeinden.
Gut, wenn es in einer Gemeinde viele Mundarten des Glaubens und ganz unterschiedliche Frömmigkeitsstile gibt.
Und noch wichtiger, dass wir Christen nicht nur eine Insidersprache pflegen, die draußen keiner versteht!
Wenn das Evangelium unter die Leute soll, dann dürfen wir uns nicht auf eine fromme Sprachinsel zurückziehen.
Gottes Geist will unsere Phantasie wecken, dass wir das alte Evangelium in neuen, unverbrauchten Worten weitersagen können.
Dazu gehören auch solche Sachen, wie die neuen Kommunikationsformen der Sozialen Medien wie Twitter, Facebook, Instagram, WhatsApp usw.
Ein arabisches Sprichwort sagt: „Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen!“
Gott bittet uns zu Pfingsten: Baut keine Mauern, mit denen ihr euch vor meinem Geist und voreinander abschottet!
Baut mir Windmühlen, die ich in Bewegung bringen kann! Wir können Gottes Geist nicht herbeizwingen. Er weht, wo er will. Aber wir können in Zeiten der Windstille und der Flauten, die es auch in der Kirche und in der Gemeinde gibt, Windmühlen der Erwartung aufstellen. Können und dürfen Gottes Geist herbei bitten, damit er uns neu in Bewegung bringt.
Wenn wir das tun, sollten wir uns auch auf Überraschungen gefasst machen. Denn Gott will tatsächlich unsere und seine Kirche neu beleben. Sein Geist ist auch heute noch für Überraschungen gut.
Amen.
Lied: EG 255,1 – 3.5 O das doch bald dein Feuer brennte
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